Die GL Gießerei Lößnitz GmbH ist die erste klimaneutrale Eisengießerei Deutschlands. Das erzgebirgische Unternehmen produziert Gussformen für Press- und Stanzwerkzeuge, mit denen Karosseriekomponenten hergestellt werden. Es zeigt, wie ein nachhaltiges Wirtschaften in einer energieintensiven Industrie funktioniert.
Im Büro von Max Jankowsky schaut John F. Kennedy von der Wand. Das wohl bekannteste Kennedy-Zitat ist eine Richtschnur für den 28 Jahre jungen Geschäftsführer: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ Gemeinsam mit seinem ebenfalls jungen Geschäftsführungs-Partner Jörg Kattermann setzt er konsequent auf Nachhaltigkeit. Aus Überzeugung und Verantwortung gegenüber kommenden Generationen. „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Menschheit seit dem Ende der Eiszeit. Ein Weiter-So darf es nicht geben. Deshalb arbeiten wir nach den Prinzipien der Öko-Sozialen Marktwirtschaft als ressourcenschonenden Weg des nachhaltigen Wachstums“, sagt Max Jankowsky.
Bisher stellen Kunden keine konkreten Forderungen zur Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien. „Aber sie fragen danach“, betont Jankowsky und ergänzt: „Die Arbeit nach Standards für gesellschaftlich verantwortliches Handeln ist schlicht und einfach ein Gebot unternehmerischen Wirkens, wenn man als Lieferant gelistet bleiben will.“ Das schließt Transparenz nach innen und außen ein. Insofern machen die Anforderungen aus dem Lieferkettengesetz, das 2023 zunächst ab einer Größe von mehr als 3000 Mitarbeitern greift, auch vor dem 85 Mitarbeiter zählenden Betrieb nicht halt. „Jeder an der Herstellung eines Produkts Beteiligte muss dessen Kriterien erfüllen. Deshalb sollte sich jedes Unternehmen jetzt damit auseinandersetzen und die Themen angehen, die sich daraus ergeben“, rät Max Jankowsky, der sich u. a. auch als Mitglied im DIHK-Ausschuss für Umwelt und Energie sowie als Senator der Wirtschaft insbesondere für die Belange von energieintensiven KMU engagiert.
Technik-Investitionen und mehr
Das Analysieren, Überprüfen und Hinterfragen sämtlicher Prozesse und Verbräuche im Unternehmen ist auch der erste Schritt zu einer Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei müssen die meisten Firmen nicht bei null anfangen, sondern können auf vorhandene Managementsysteme, etwa im Bereich Energie und Umwelt, aufsetzen. Ganz wichtig: Das Thema dürfe nicht bei einem Beauftragten „geparkt“ werden, sondern muss Chefthema und Teil der Unternehmensstrategie sein und jeden im Betrieb einbeziehen. Eine solche Bewertung decke immer auch Sparpotenziale bei Ressourcen und damit Kosten auf. Ebenso machen sich Investitionen in Nachhaltigkeit auf lange Sicht bezahlt. Neben kontinuierlichen technologischen und Prozessverbesserungen hat die Gießerei seit 2017 fünf Millionen Euro in moderne Entstaubungs- und Ablufttechnik investiert.
Freiwillige CO2-Kompensationen
Darüber hinaus lassen die Geschäftsführer den CO2-Fußabdruck des Unternehmens ermitteln. Durch den Erwerb von ca. 2.000 Klimaschutzzertifikaten wurden die durch den Betrieb verursachten Treibhausgasemissionen für 2020 ausgeglichen. In diesem Jahr ist zusätzlich der Verbrauch des Brennstoffs Koks, mit dem der Schmelzofen betrieben wird, einbezogen worden. „Damit haben wir bereits weitere 7.000 Tonnen CO2 freiwillig kompensiert“, versichert Max Jankowsky. Mit den Geldern werden u. a. Aufforstungsprojekte in Amerika und Asien unterstützt.
Die Gießerei arbeitet an weiteren Themen, um Emissionen zu reduzieren bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Das sei jedoch leichter gesagt als getan. „Aus der politischen Vogelperspektive Ziele zu formulieren ist die eine Seite, sie umzusetzen die andere. Je mehr man in konkrete Situationen hineinzoomt, umso deutlicher zeigen sich die Probleme der Energiewende“, sagt der Geschäftsführer und verweist auf den Schmelzbetrieb.
Politik-Ziele versus Situation vor Ort
Aktuell steht für den Prozess ein jährlicher Stromverbrauch von 2,7 Millionen kW zu Buche. Eine Umstellung von Koks- auf Elektroofen würde den Bedarf auf etwa elf Millionen kW vervierfachen. „Abgesehen von einer Investitionssumme von fünf bis sechs Millionen Euro kann das die aktuelle Energie-Infrastruktur gar nicht leisten, unter den jetzigen Bedingungen wäre eine stabile Stromversorgung nicht gegeben. Dabei reden wir noch nicht einmal von erneuerbarer Energie“, verdeutlicht Max Jankowsky die konkrete Situation.
Unstrittig ist für ihn, dass in Sachen Klima und Nachhaltigkeit gehandelt werden muss. Ein Weg sei, eine Energie- und Industriepolitik auf einem vernünftigen europäischen Fundament aufzubauen und für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. „Klimaschutz verursacht mehr Kosten. Das ist wohl jedem klar. An der Verteilung der Belastungen wird sich entscheiden, ob Lieferketten in Deutschland bleiben oder auch nicht.“