Erste Lichtblicke für Produzenten, dagegen viel Schatten für Entwickler

Während es mit dem schrittweisen Wiederanlauf der OEM-Werke für Teileproduzenten erste Lichtblicke gibt, haben Engineering-Unternehmen und Werkzeugbauer noch eine lange Durststrecke vor sich, da die Fahrzeughersteller ihre Entwicklungsbudgets deutlich eingedampft haben.
Während es mit dem schrittweisen Wiederanlauf der OEM-Werke für Teileproduzenten erste Lichtblicke gibt, haben Engineering-Unternehmen und Werkzeugbauer noch eine lange Durststrecke vor sich, da die Fahrzeughersteller ihre Entwicklungsbudgets deutlich eingedampft haben. (Foto: Volkswagen)
24.04.2020 | Redaktion Autoland

Einen drohenden Produktionsstillstand bezeichneten sächsische Automobilzulieferer Anfang März 2020 in einer Blitzumfrage des Netzwerks AMZ als Hauptrisiko ihrer Arbeit. Nur wenige Tage später war die Befürchtung Realität geworden. OEM-Werke stoppten ihre Fertigung und legten damit auch die Produktion bei den Teileherstellern, Logistik- und weiteren Dienstleistern lahm. Nach rund fünf Wochen Stillstand fahren Automobilhersteller jetzt Schritt für Schritt die Fertigung wieder an.

„Für die Zulieferer ist es die beste Nachricht, dass die Kunden wieder arbeiten“, sagt AMZ-Netzwerkmanager Dirk Vogel und betont: „Insbesondere die Standorte, die in Sequenz fertigen und den Fahrzeugwerken direkt vorgelagert sind, als auch die werksnahen Dienstleistungen wie Logistiker brauchen den Wiederanlauf dringend. Derzeit prüfen alle Unternehmen – sowohl die Fahrzeughersteller als auch Zulieferer –, ob und wann die jeweilige Zulieferstruktur wieder lieferfähig ist und wie schnell der Hochlauf erfolgen kann.“ Aktuell fehlen u. a. Teile aus Italien und Spanien und behindern so den Re-Start an einigen OEM- und Lieferanten-Standorten. Aus China gibt es dagegen ermutigende Zeichen.

Viele Unternehmen nutzen die Zeit für Maßnahmen zur Digitalisierung, Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Einige haben schon mit den ersten Anzeichen des Corona-Virus Aktivitäten zur Standortsicherung eingeleitet. Dazu gehört die FEP Fahrzeugelektrik Pirna. Der Automobilzulieferer hat bereits im Januar 2020 einen Notfallplan erarbeitet, der permanent an die jeweils aktuelle Situation angepasst wird. „Neben dem Generieren von Wachstum ist es ebenso Aufgabe des Managements, Schaden vom Unternehmen und seiner Mitarbeiter fernzuhalten. Das bedeutet, mögliche Risiken früh zu erkennen, das Handeln schnell darauf abzustimmen und alle Maßnahmen sauber in die Belegschaft zu kommunizieren“, sagt der Vorsitzende der FEP-Geschäftsführung Peter Weber.

Der Hersteller von Schaltelementen, Steckverbindern und Kunststoffteilen musste wie viele andere Zulieferer auch seine Produktion massiv drosseln und Ende März einen Großteil der rund 460 Beschäftigten in Kurzarbeit schicken. Ursprünglich war vorgesehen, ab 20. April die Produktion in Pirna schrittweise wieder hochzufahren. Dieser Termin konnte jedoch nicht gehalten werden. Jetzt wird ein Wiederanlauf für den 4. Mai geplant. Doch auch dieses Datum ist noch nicht fix. „Unsere Kunden fahren ihre Fertigung derzeit auf einem niedrigen Niveau an. Da gibt es für uns noch relativ wenig zu tun. Wir sind jedoch in ständiger Abstimmung mit den Kundenwerken und auf die jeweiligen Lieferabrufe vorbereitet. So können wir unsere Produktion innerhalb von 24 Stunden wieder hochfahren. Es wird aber insgesamt sicher einige Wochen brauchen, bis sich die gesamte Lieferkette wieder füllt und stabilisiert“, erklärt Peter Weber.

FEP kann dabei auch auf die Erfahrungen seines chinesischen Werkes zurückgreifen. „Die Produktion ist langsam angelaufen. Momentan sind wir bei etwa 50 Prozent der Kapazität angelangt“, so der Geschäftsführer. Ganz anders gestaltet sich die Situation am Standort in Mexiko. Weil die Autoproduktion in Nordamerika steht, herrscht auch bei den Zulieferern Stillstand.

Wie FEP und die vielen weiteren Zulieferer die Krisenzeit durchstehen können, hängt auch stark vom Anspringen des Automarktes ab. „Produktion braucht Nachfrage“, betont Peter Weber. Ob der corona-bedingt zutage tretende Trend nach mehr individueller Mobilität, mögliche staatliche Subventionen oder weitere Anreize das Käuferverhalten positiv beeinflussen, wird sich zeigen.

Während es für die produzierenden Partner in der automobilen Wertschöpfungskette erste Lichtblicke gibt, erfahren Engineering-Unternehmen die Schattenseiten der aktuellen Situation. Sie müssen sich wohl längerfristig auf harte Einschnitte einstellen, da die Autohersteller Entwicklungsbudgets drastisch eingedampft haben, sagt AMZ-Manager Dirk Vogel. Die Rede ist hier von Größenordnungen im Bereich von 40 Prozent und höher.

Davon betroffen ist auch die FDTech GmbH aus Chemnitz. Das Unternehmen entwickelt zukunftsträchtige Technologien für das assistierte und automatisierte Fahren. „Wir haben die wirtschaftlichen Wirkungen des Corona-Virus sofort zu spüren bekommen. Unsere Kunden zogen bereits Mitte/Ende März die Notbremse, kürzten Bestandsprojekte oder stampften diese gänzlich ein. Für Folgeaufträge sind Budgettöpfe derzeit gesperrt oder stehen nur eingeschränkt zur Verfügung“, schildert Geschäftsführer Karsten Schulze die bescheidene Lage.

Das Unternehmen, in dem momentan etwa die Hälfte der 85 Mitarbeiter kurzarbeiten müssen, setzt derzeit Projekte um, die im September auslaufen. Parallel dazu hat das Team Notmaßnahmen initialisiert, um die Ressourcen sinnvoll zu nutzen, und kämpft ebenso um neue Aufträge. FDTech war u. a. auch in Asien aktiv. Dieses Geschäft sei jedoch zusammengebrochen. „Dafür muss man direkt vor Ort sein. Das schließt sich derzeit komplett aus. Wir konzentrieren uns aktuell auf Deutschland und behalten auch den Fokus automatisiertes Fahren bei“, so der Geschäftsführer. Für Nach-Corona-Zeiten erwartet Karsten Schulze FuE-Projekte in einem verminderten finanziellen Umfang als vor der Krise.

Neben den Entwicklungs-Dienstleistern sind ebenso Ausrüster wie Werkzeugbauer derzeit extrem von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Die Beschaffung von Ersatz- oder Neuwerkzeugen wird deutlich nach hinten verschoben. Auch durch die erhöhten Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und das Risiko von Personalausfällen durch Corona-Erkrankungen bleibe, so Dirk Vogel, die finanzielle Anspannung auch nach Lockerung des „Shutdowns“ noch Monate bestehen.

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