Wertschöpfung aus Wasserstoff: Chance für sächsischen Vorsprung

Bereits zur Hannover Messe 2019 stellten Karl Lötsch von HZwo sowie Thomas Hahn und Torsten Enders von Wätas dem sächsischen Wirtschaftsminister Martin Dulig Sachsens erste serientaugliche Bipolarplatte vor (v. l.). Diese Platten sind wesentliche Komponenten eines Brennstoffzellensystems. Die sächsischen Wertschöpfungspotenziale von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien werden in einer aktuellen Studie aufgezeigt.
Bereits zur Hannover Messe 2019 stellten Karl Lötsch von HZwo sowie Thomas Hahn und Torsten Enders von Wätas dem sächsischen Wirtschaftsminister Martin Dulig Sachsens erste serientaugliche Bipolarplatte vor (v. l.). Diese Platten sind wesentliche Komponenten eines Brennstoffzellensystems. Die sächsischen Wertschöpfungspotenziale bei Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien werden in einer aktuellen Studie aufgezeigt. (Foto: HZwo e. V./Wolfgang Schmidt)
04.05.2021 | Redaktion Autoland

Die Zahlen sind vielversprechend: Bis 2030 können sächsische Unternehmen mit Produkten und Leistungen rund um das Thema Wasserstoff ein Umsatzpotenzial von etwa 1,7 Milliarden Euro erschließen und ca. 4.800 Arbeitsplätze generieren. Diese Prognose treffen die Autoren der Studie „Wertschöpfungspotenziale von Wasserstoff für Sachsen“. Erstellt haben sie Fachleute der sächsischen Kompetenzstelle für Brennstoffzellen und grünem Wasserstoff HZwo e. V. und der TU Chemnitz.

Unterstützt wurde die Studie vom sächsischen Wirtschaftsministerium. Minister Martin Dulig betonte bei der Online-Ergebnispräsentation vor rund 140 Teilnehmern, dass der Freistaat mit dem aufgezeigten Potenzial die Voraussetzung habe, beim Thema Wasserstoff jetzt einen Vorsprung zu erarbeiten und nicht Entwicklungen hinterherzulaufen. Die industriepolitische Dimension sei enorm und beschränke sich bei weitem nicht auf die Energiewirtschaft.

Den „Eisberg“ komplett nutzen

Das bestätigte Prof. Thomas von Unwerth. Der Direktor des Instituts für Automobilforschung an der TU Chemnitz und Vorstandsvorsitzende des HZwo e. V. ist einer der Autoren der Studie. Die energetische Wertschöpfungskette der Wasserstoffwirtschaft von der Erzeugung bis zur Nutzung könne als „Spitze des Eisbergs“ angesehen werden. Die Produktwertschöpfungskette geht deutlich tiefer und reicht von Energieanlagen- und Fahrzeugherstellern bis weit in die Zulieferindustrie. Allein ein Brennstoffzellensystem besteht aus über 2.000 Zulieferkomponenten. Vor allem in den Bereichen Sensorik/Leistungselektronik, Blech-, Metallguss- und Spritzgussteile sowie Sonderkomponenten können sächsische Automobilzulieferer punkten.

Die sächsischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit Wasserstoff-Wertschöpfungspotenzial konzentrieren sich im Raum Chemnitz, Dresden, Görlitz und Leipzig. In Summe sind dies über 150 Akteure. 34 Prozent der 70 befragten Unternehmen geben an, bereits Umsätze mit Wasserstoff- oder Brennstoffzellentechnologien zu erwirtschaften. 91 Prozent gehen von ersten Umsätzen in den nächsten fünf Jahren aus, berichtete Prof. Uwe Götze, Leiter der ebenfalls an der Studie beteiligten Professur Unternehmensrechnung und Controlling sowie Prorektor für Transfer und Weiterbildung der TU Chemnitz.

Für Markthochlauf noch einige Stellschrauben drehen

Um von dem bis 2030 erwarteten Markthochlauf in Europa zu profitieren, müssen noch etliche Stellschrauben gedreht werden. Auf Basis der Studie hat der HZwo e. V. 14 Handlungsempfehlungen formuliert, die Geschäftsführer Karl Lötsch vorstellte. An vorderster Stelle stehen die Schaffung von Leuchtturmprojekten, der Aufbau einer spezifischen Tankstellenstruktur sowie das Halten bzw. Ausbauen der Wettbewerbsposition bei Schlüsseltechnologien wie sie Sachsen bereits bei Elektrolyseuranlagen und Brennstoffzellen sowie deren Komponenten besitzt. Auch müssen Forschung, Entwicklung und Anwendung sowie der Ausbau erneuerbarer Energien weiter gefördert werden. Bis es möglich ist, Wasserstoff ausschließlich „grün“, also mit regenerativen Energien, zu erzeugen, braucht es in diesem Prozess Technologieoffenheit. D. h., auch „grauer“, „blauer“, „türkiser“ oder „pinkfarbener“ Wasserstoff wird bis dahin genutzt.

Mit „Leuchttürmen“ Nachfrage ankurbeln

Dennis Schulz von Linde Engineering Dresden begrüßte, dass das Thema Wasserstoff Fahrt aufnehme und nunmehr auch bei der sächsischen Landesregierung hohe Priorität besitze. Er verwies darauf, dass die Industrie „Wasserstoff schon gut kann“ und die avisierten Leuchtturmprojekte nicht nur forschungslastig sein dürfen, sondern Kompetenzen und Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette zeigen und damit die Nachfrage ankurbeln. „Jetzt ist die Zeit der Umsetzung gekommen“, betonte er.

Aus Sicht der sächsischen Automobilzulieferer unterstrich AMZ-Netzwerkmanager Dirk Vogel die Entwicklung eines Nachfragemarktes. AMZ hat bereits aus einer eigenen Studie Potenziale von Wasserstoff für den Mobilitätssektor untersucht und sieht gegenwärtig besonders für kleine und mittlere Serien im Nutzfahrzeugbereich Chancen für sächsische Zulieferer.

Mit Transferworkshops konkrete Vorhaben anstoßen

Damit von der entstehenden Wasserstoffwirtschaft möglichst viele sächsische Unternehmen profitieren können, wird der Innovationscluster HZwo im Sommer Transferworkshops veranstalten. Damit sollen die Firmen weiter für das Thema sensibilisiert und an die Schwerpunktfelder dieser Industrie herangeführt werden. „Wir zeigen nicht nur die Richtung, sondern helfen den Unternehmen selbst loszulegen“, betont Karl Lötsch.

Mehr Informationen und Anmeldung zu den Transferworkshops

Die komplette Studie kann unter diesem Link heruntergeladen werden.

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