Wasserstoff: Ins Handeln kommen

Wasserstoff: Ins Handeln kommen
In der Messe Dresden fand Ende Oktober die 1. Clean Hydrogen Convention statt. Neben vielen Diskussionsforen gab es eine informative Begleitausstellung. Mehr als 70 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Netzwerke stellten ihr Leistungsspektrum bei Wasserstoff und Brennstoffzellen an den Ständen bzw. auf der Bühne in der Messehalle vor. Die kurzen Vorträge waren gut besucht. Foto: Frank Reichel
30.10.2023 | Redaktion Autoland

Wenn Sachsen von den Potenzialen einer Wasserstoffwirtschaft profitieren will, dann muss man schneller ins Handeln kommen. Das war eine Quintessenz der 1. Clean Hydrogen Convention am 25. und 26. Oktober in Dresden.

Sachsen gehört zu den führenden Standorten der Wasserstoff-Forschung. Jedoch reicht es nicht aus, „nur“ Spitzenforschung zu betreiben. Vielmehr muss der Transfer in tragfähige gewinnbringende Anwendungen beschleunigt werden. Nur in der sinnvollen Vernetzung von Forschung und Industrie lässt sich ein schneller Markthochlauf gestalten. Darin waren sich die Diskutanten des Forums Wissenschaft einig.

Die Erkenntnis ist nicht neu. Was also bremst die Umsetzung von Forschungsergebnissen in geschäftlichen Erfolg? Es ist wie bei vielen anderen wirtschaftlichen Herausforderungen eine Gemengelage aus fehlender Gesamtstrategie, überbordender (Förder-)Bürokratie, mangelndem Risikokapital und einer ebenso mangelnden Wertschätzung des Unternehmertums.

Noch viel mehr an Investitionen notwendig

Grundlagenforschung ist – wie es der Name schon verrät – die Basis für neue Entwicklungen, auch für neue Geschäftsmodelle. Prof. Dr. Thomas von Unwert, Direktor für Automobilforschung an der TU Chemnitz und Vorstandsvorsitzender des HZwo e. V., verweist jedoch auf einen entscheidenden Hinderungsgrund. Oft ist Grundlagenforschung nicht von der Industrie getrieben. Deshalb werde sie nicht weniger gebraucht. Hier müsse die Gesellschaft einspringen, um solche Forschungen beispielsweise für die Bewältigung klimatischer oder gesundheitlicher Herausforderungen voranzutreiben und Basis für neue Anwendungen zu schaffen. Gerade in Sachsen erfahre die Wasserstoff-Forschung viel Unterstützung. „Wir werden aber nicht umhinkommen, noch viel mehr zu investieren, wenn Deutschland hier eine Spitzenposition einnehmen will“, unterstrich Prof. von Unwerth mit Verweis auf Defizite in der deutschen Hochschullandschaft.

Schneller werden und sich nicht verzetteln

Dabei geht es nicht nur allein um Geld. Hochschulmitarbeiter müssen oft viel Zeit für das Schreiben von Projektanträgen verwenden. Dann vergeht nochmals viel Zeit, bis Vorhaben in die Tat umgesetzt werden können. Von der beschworenen Deutschlandgeschwindigkeit sei man weit entfernt, sagte Prof. von Unwerth auch mit Blick auf das HIC Hydrogen Innovation Center Chemnitz, einem der vier nationalen Wasserstoffzentren. Vor zwei Jahren erfolgte die Bewilligung der Mittel. Evtl. Anfang 2024 könne man mit der Grundsteinlegung rechnen. Das HIC soll Keimzelle für neue Entwicklungen und Ansiedlungen im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien sein. Es soll den Transfer von der Forschung in die Industrie beschleunigen. Für diese Prozesse sei generell noch mehr eine moderierende Rolle der Politik notwendig, um Dinge konzertiert voranzutreiben und sich nicht mit verschiedenen Wasserstoff-Initiativen zu verzetteln.

Nur erfinden oder auch Geld verdienen?

Dass für ein Technologie-Start-up der Impuls aus dem Geschäftsmodell kommen muss, verdeutlichte Matthias Rudloff, Vorstand der Dresdner Ambartec AG. Das Unternehmen setzt auf die HyCS-Technologie, um regenerativ erzeugte Energie effizient auf Wasserstoff-Basis zu speichern. Weil das Time-to-Market über den Geschäftserfolg entscheidet, habe man auf private Investoren gesetzt und ohne öffentliche Förderung begonnen. Als neues kleines Unternehmen sei es unglaublich kompliziert, den Förderdschungel zu durchdringen. In den USA benötige man drei Seiten für einen Antrag, in Europa kommen 100 Seiten zusammen, so die Erfahrung von Ambartec. Angesichts deutscher Komplexität müsse man fragen: Wollen wir hier nur erfinden oder auch Geld verdienen, legte Rudloff den Finger in eine tiefe Wunde.

Wertschätzung für Unternehmertum

Man müsse noch mehr Wert darauflegen, Forschung in Anwendung und somit in Geschäft umzumünzen, so Rudloff. Dafür braucht es Menschen mit der Motivation, selbst etwas zu unternehmen, sowie Menschen, die das Geld dafür geben. Es braucht eine gesellschaftliche Wertschätzung für Unternehmertum, für Exzellenz im besten Sinne.

Prozesse standardisieren, Themen nicht einengen

Dass Deutschland immer mehr in Richtung Beamten- und Verwaltungsland mutiert, musste auch Dr. Andreas Handschuh bestätigen. Der Staatssekretär im sächsischen Wissenschaftsministerium zeigte eine Statistik auf, nach der sich die Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie in Deutschland jährlich um ein Prozent verringere. Dafür wachse sie überproportional im öffentlichen Dienst, obwohl auch hier Fachkräftemangel herrsche. Deshalb müssten Prozesse mittels Digitalisierung standardisiert werden, gerade auch in der Förderung. In Sachsen arbeitet man daran, Förderprofile zu setzen, dabei Technologieoffenheit zu wahren und Themen nicht von vornherein einzuengen. Das ist sicher ein guter Ansatz, wenn es um die Nutzung des rein sächsischen Fördertopfs geht. Um nachhaltige Effekte zu entfalten, muss jedoch auf Bundes- und Europaebene noch viel passieren.

Informative Begleitausstellung

Neben den Diskussionen in den verschiedenen Foren der Clean Hydrogen Convention bot die Begleitausstellung Einblick in die aktuellen Wasserstoff-Entwicklungen. Mehr als 70 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Netzwerke stellten ihr Leistungsspektrum in diesem Bereich vor.

Organsiert haben die CHC die sächsischen Cluster HZwo und Energy Saxony.

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