Auf dem Weg zum autonomen Karosseriebau

Zum Programm des 7. Chemnitzer Karosseriekolloquiums gehörten die Präsentationen in den Versuchsfeldern des Fraunhofer IWU in Chemnitz und Dresden, auf dem Foto an einer Fügezelle in Dresden.
Zum Programm des 7. Chemnitzer Karosseriekolloquiums gehörten die Präsentationen in den Versuchsfeldern des Fraunhofer IWU in Chemnitz und Dresden, auf dem Foto an einer Fügezelle in Dresden. (Foto: Fraunhofer IWU)
20.11.2017 | Redaktion Autoland

Den Wandel im Karosseriebau unter den Aspekten neue Antriebstechnologien, neue Werkstoffe und Digitalisierung der Fertigung thematisierten die rund 150 Teilnehmer des 8. Chemnitzer Karosseriekolloquiums (CBC Car Body Colloquium), das am 14. und 15. November 2017 am Fraunhofer IWU in Chemnitz und Dresden stattfand.

In den Keynote-Vorträgen des Plenarblocks beleuchteten die Referenten den Wandel in der Automobilproduktion aus Industrie- und Forschungsperspektive. Christian Borowetz, Leiter Fertigungstechnologien der Volkswagen AG, zeigte auf, wie die Fertigung durch hochautomatisierte und autonome Prozesse effizienter wird und die digitale Vernetzung von Menschen und Maschinen zu neuen flexiblen Abläufen in allen Kerngewerken der Fahrzeugfertigung, also Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei und Montage, führt. Funktionsintegrierte neue Werkstoffsysteme, die den Leichtbau unterstützen und zugleich die Faktoren Komplexität, Aufwand und Kosten begrenzen, sowie die generative Herstellung von Werkzeugen und Bauteilen bieten Potenziale für eine effiziente Fertigung. Einen wesentlichen Beitrag leisten ebenso Fügetechnologien wie das Laserlöten feuerverzinkter Außenhautstähle, die Doppelpunktschweißtechnik im Karosseriebau oder flexible Greifertechnologien. So hat VW in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IWU einen Saugclustergreifer entwickelt, der Bauteile nach geometrischen Anforderungen clustert und modellübergreifend Montagelinien bereitstellt. Effekte sind hier kürzere Taktzeiten sowie weniger Invest- und Flächenbedarf als bei üblichen modellspezifischen und meist starren Greifern. Auch beim Lackieren trägt Automation zu mehr Effizienz bei. Mit der direkten Zweifarblackierung von Dächern löst VW einen bisher dreistufigen Prozess von Vorbereitung, Lackierung und Finish ab. Der Serieneinsatz an den Standorten Puebla und Pamplona steht direkt bevor.

Wie das Fraunhofer IWU mit seinen Forschungsleistungen den Wandel des Karosseriebaus zu einer vollvernetzten und noch leistungsfähigeren Wertschöpfungskette unterstützt, erläuterte Institutsleiter Prof. Dr. Matthias Putz. Dabei stehen eine ganzheitliche Betrachtung und systemische Ansätze im Fokus, welche die unterschiedlichen Ebenen – Fabrik, System, Maschine, Technologie, Mensch, Daten, Zulieferer – berücksichtigen. Ziel ist der vollflexible, autonome Karosseriebau, in dem zukünftig das Bauteil die Anlage steuert. Heute ist es noch umgekehrt. Die Wissenschaftler des IWU arbeiten dafür neben der bereits erwähnten Greiftechnik u. a. an vollautomatisierten Spann- und Fügeprozessen. Im Presswerk 4.0 werden mittels vernetzter Daten Umformvorgänge optimiert und Stillstandzeiten reduziert. Ergebnisse der IWU-Forschung konnten die Teilnehmer bei den Manufacturing Live-Präsentationen in den Versuchsfeldern des Instituts in Chemnitz und Dresden besichtigen.

In weiteren Vorträgen, u. a. von BMW, AP&T, Gestamp, Kuka Systems, Magna, Thyssenkrupp System Engineering, Tower International, wurden die Plenarthemen in Richtung Werkstoffinnovationen, Fertigungskonzepte und Digitalisierungs-Mehrwert vertieft.

Den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung bildete eine Industrial Tour in die Gläserne VW-Manufaktur Dresden, in der der aktuelle e-Golf gefertigt wird.

Das CBC findet seit 1996 im dreijährigen Rhythmus am IWU statt und dient dem Austausch zwischen Forschung und Industrie über Resultate und Herausforderungen im Karosseriebau.

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