Protektionismus ist der falsche Weg

Protektionismus ist der falsche Weg
E-Autos aus China wie von BYD sind zunehmend auf europäischen Straßen unterwegs. Schutzmaßnahmen gegen steigende Importe, wie von der EU-Kommission angekündigt, halten sächsische Automobilexperten für den falschen Weg. Foto: BYD
18.09.2023 | Redaktion Autoland

Protektionismus ist der falsche Weg, um Importe chinesischer E-Fahrzeuge nach Europa einzudämmen. Statt Marktbarrieren nach außen aufzubauen, müsse man interne Marktbarrieren abbauen. Diesen Standpunkt vertreten die Automobil-Fachleute des Netzwerks AMZ und des Chemnitz Automotive Institute CATI.

In ihrem Statement an die Medien heißt es: Die automobile Welt hat sich durch die Trendwende zur Elektromobilität deutlich verändert. Erst der „Tesla-Schock“, jetzt ein wachsendes Angebot von in China produzierten Fahrzeugen – nicht nur von chinesischen Herstellern (SAIC/MG, BYD, u.a.), sondern auch von westlichen OEM (wie Tesla und BMW). Die EU-Kommission befürchtet perspektivisch eine „Überschwemmung“ der europäischen Märkte durch China-Importe. Sie kündigt an, damit verbundene „unfaire“ Subventionspraktiken zu untersuchen und ggf. geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten.

Überschaubarer Anteil chinesischer Autos auf deutschem Markt

Trotz hoher Zuwächse bei chinesischen Auto-Importen ist zumindest auf dem deutschen Markt der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge chinesischer Hersteller derzeit überschaubar. Nach den Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes wurden in den ersten acht Monaten 2023 gerade mal 25.600 Pkw mit alternativen Antrieben chinesischer Hersteller in Deutschland neu zugelassen. Dies entspricht einem Anteil von 2,8 Prozent aller Fahrzeuge in diesem Segment. Bei vollelektrischen BEV liegt der Anteil bei etwa 5 Prozent.

Deutlich anderes Bild auf gesamteuropäischem Markt

Auf dem europäischen Markt sieht das Bild allerdings deutlich anders aus. Für 2023 sind nach Angaben von CATI ca. 600.000 aus China importierte Fahrzeuge zu erwarten, davon jeweils die Hälfte Fahrzeuge chinesischer OEM und in China produzierte Fahrzeuge ausländischer Hersteller. Bis 2025 steigt diese Zahl auf bereits 1,1 Millionen an und dann mit einem Übergewicht von Fahrzeugen chinesischer Hersteller. Die mit diesen Importen aus China insgesamt verbundenen Anteile an den gesamten Neuzulassungen in Europa steigen von 5 Prozent 2023 auf 7,5 Prozent 2025. „Da die aus China importierten Fahrzeuge weit überwiegend batterieelektrische Fahrzeuge sind, ist der Anteil an diesem Marktsegment deutlich höher. Hier erwarten wir bereits 2023 einen Anteil von nahezu 20 Prozent an den Neuzulassungen elektrischer Pkw in Europa, der bis 2025 auf mehr als 25 Prozent ansteigen könnte“, so Prof. Dr. Werner Olle vom CATI.

Fahrzeuge sind absolut wettbewerbsfähig

Die Fahrzeuge chinesischer OEM sind nicht nur preislich absolut wettbewerbsfähig (mit einem Kostenvorteil von einigen 1000 Euro pro Fahrzeug), sondern auch technologisch. Dies gilt insbesondere für die Batterietechnologie, aber auch für die damit verbundene Fahrzeugarchitektur, Elektronik und Software. Unterstützt durch einen Masterplan „Made in China 2025“ hat sich China vor Jahren auf 10 Industriebranchen fokussiert, darunter die Automobilbranche (und hier auf Fahrzeuge mit neuen Antrieben). Die Umsetzung dieses Masterplans war begleitet von Aufkäufen/Beteiligungen an Unternehmen im Ausland, der Gewinnung von TOP-Fachleuten für chinesische Unternehmen und der Förderung der inländischen Nachfrage durch steuerliche Vorteile und Kaufanreize.

China profitiert von vielen Vorteilen

China profitiert im internationalen Wettbewerb bei elektrischen Fahrzeugen von erheblichen Verfügbarkeits- und Kostenvorteilen bei wichtigen Rohstoffen und Batterien; von der Marktgröße des chinesischen Marktes, der den Herstellern ganz andere Volumina und damit Kostenvorteile ermöglicht; und einer Entwicklungsgeschwindigkeit, die sich trotz Corona-Pandemie nicht verlangsamt hat.

Europa gegenwärtig mit schlechten Karten

„Im Vergleich dazu hat Europa gegenwärtig schlechte Karten. Den politischen Zielsetzungen zur Elektromobilität fehlt es hier an Durchgängigkeit und konsequenter Umsetzung. Der verfrühte Wegfall von steuerlichen Anreizen, die schleppende Umsetzung bei der Schaffung der erforderlichen Infrastrukturen, die hohen Energiekosten und die Vielzahl von Regularien sind einige der wesentlichen Hemmschuhe, die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher/europäischer Unternehmen belasten und die Umsetzung der Elektromobilität immer wieder ausbremsen “, so Dirk Vogel, Manager des Netzwerks Automobilzulieferer Sachsen AMZ.

Protektionistische Lösungswege führen in die Sackgasse. Neuerliche geopolitische Belastungen für die Wertschöpfungskette Elektrofahrzeug (Rohstoffe, Batteriezellen, Chips), die als Gegenmaßnahmen Chinas zu erwarten sind, oder Beeinträchtigungen des Zugangs zum chinesischen Markt, würden der europäischen und insbesondere der deutschen Automobilindustrie einen erheblichen Schaden zufügen.

„Nicht Marktbarrieren nach außen aufbauen, sondern die internen Marktbarrieren abbauen – dies muss die Lösung sein. In diesem Sinne: Make Europe strong again…“, fordern die Experten von AMZ und CATI.

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