Transformation kostet Arbeitsplätze, schlechte Rahmenbedingungen kosten noch mehr

Transformation kostet Arbeitsplätze, schlechte Rahmenbedingungen kosten noch mehr
Die AMZ-Lounge, das jährliche Treffen der Mitglieder des sächsischen Zuliefernetzwerks, findet traditionell am ersten Tag des Automotive Forums Zwickau bei der DRH Vermögensverwaltung in Zwickau statt. Auch in diesem Jahr gibt es wieder guten Zuspruch zu diesem Netzwerk-Event. Foto: Frank Reichel
07.11.2023 | Redaktion Autoland

Heute beginnt das 27. Automotive Forum Zwickau. Bis morgen diskutieren Fachleute aus der Automobilindustrie, der Forschung sowie der Politik die aktuellen Herausforderungen der Branche sowie Wege zu ihrer Lösung. Ein Höhepunkt des ersten Veranstaltungstages ist die AMZ-Lounge, das jährliche Treffen der Mitglieder des sächsischen Automobilzuliefernetzwerks AMZ.

Für Dirk Vogel, AMZ-Netzwerkmanager, bestimmen aktuell drei Themen die Transformation: „Das sind zum einen die generell geringe Nachfrage nach Fahrzeugen, zum zweiten die langsamer als erwartet steigende Nachfrage nach E-Fahrzeugen und zum dritten die sich weiter verschlechternden Rahmenbedingungen für die Produktion. Vor allem der letztgenannte Punkt ist alarmierend. Allen ist bewusst, dass die Transformation in der Automobil- und Zulieferbranche Arbeitsplätze kostet, schlechte Rahmenbedingungen kosten jedoch noch mehr“, so Dirk Vogel, der seine Aussage mit nachfolgenden Fakten untermauert.

Geringere Nachfrage

Vor der Corona-Pandemie lag der Fahrzeugabsatz in Europa zwischen 15 und 16 Millionen Fahrzeugen. 2023 werden voraussichtlich kaum 13 Millionen Fahrzeuge abgesetzt. Die Nachfrageschwäche in Europa führt zu geringeren Produktionszahlen bei den meisten Fahrzeugherstellern. Diese führen auch zu geringerer Produktion bei sächsischen Zulieferern, ganz unabhängig von der Antriebsart.

Langsamer Anstieg der Nachfrage nach E-Fahrzeugen

Der Wandel hin zur E-Mobilität ist in vollem Gange. Alle sächsischen Fahrzeugwerke fertigen bereits E-Fahrzeuge oder bereiten die Produktion vor. Die Nachfrage nach batterieelektrischen Fahrzeugen steigt zwar stetig, aber nicht so schnell wie die Fertigungskapazitäten ausgebaut werden. Dies führt zu geringeren Produktionszahlen, insbesondere bei Volkswagen in Zwickau. Die Zulieferer benötigen verlässliche Planzahlen, um die eigene Produktion anzupassen.

Rahmenbedingungen für die Produktion verschlechtern sich weiter

Auch wenn die Energiepreise wieder leicht gesunken sind, kommt mit der Verschärfung der CO2-Vorgabe eine weitere Belastung auf die produzierenden Unternehmen zu. Gerade in der Automobilindustrie mit ihrer langen Wertschöpfungskette wirken sich Kostensteigerungen gleich mehrfach auf die Produktion aus. Energie und CO2-Kosten wirken sich auf jede Produktionsstufe aus, wie auch gestiegene Kraftstoffpreise und die Ausweitung der Maut. Im Ergebnis werden alle Kaufteile und die eigene Produktion teurer. Auch wenn viele Vorgaben aktuell aus Brüssel kommen, muss der Fokus der Politik dahingehend ausgerichtet werden, die Produktion in Deutschland wettbewerbsfähig zu halten und nicht permanent zu verteuern, gleichzeitig aber günstigere Elektrofahrzeuge für die Erreichung der Umweltziele zu fordern.   

Transformation gelingt nur, wenn alle den Erfolg auch wollen

„In diesem Spannungsfeld gelingt die Transformation nur, wenn alle den Erfolg auch wollen. Das Automotive Forum bietet in diesem Jahr wieder den Informations- und Ideenaustausch dazu“, betont der AMZ-Netzwerkmanager. Impulse geben Vorträge von AVL List, einem der größten Engineering-Dienstleister der Automobilindustrie, ebenso von Porsche Consulting und von den Fahrzeugherstellern VW und Skoda. Einblick in ihre Transformation vermitteln große und mittlere Zulieferer wie Mahle, Vitesco und CLARIOS, die alle auch Standorte in Sachsen haben. Der chinesische Fahrzeughersteller NIO wird am ersten Tag seine Europastrategie vorstellen. Am zweiten Kongresstag spricht Professor Stefan Bratzel, Direktor des Centers of Automotive Management, über Zukunftstrends und neue Geschäftsmodelle der Automobilindustrie. In einer Podiumsdiskussion erörtern Mittelständler der Region mit VDA-Vertretern die Frage, wie Transformation im Mittelstand gelingen kann.

Europäischer Finanzierungsmechanismus und europäische Transformationsstrategie gefordert

Thomas Schmidt, Sächsischer Staatsminister für Regionalentwicklung und zugleich Vorsitzender der Allianz der Automobilregionen (ARA) sowie Vorsitzender der Automotive Intergroup des Ausschusses der Regionen (CoRAI), äußert sich anlässlich der Eröffnung des Automotive Forums Zwickau am Abend des 7. November: „Die Automobil- und Zulieferindustrie befindet sich in Europa, Deutschland und Sachsen in einem massiven Transformationsprozess. Dieser Strukturwandel ist schon in vollem Gange, in den Regionen spüren wir ihn bereits sehr deutlich. Aufgabe der Politik ist es, diesen Prozess finanziell und strukturell zu begleiten. Die verbindlichen Klimaschutzziele, die an den Verkehrssektor gestellt werden, sind ambitioniert. Dem müssen wir uns dennoch stellen! Ich meine, dass wir einen europäischen Finanzierungsmechanismus und eine europäische Transformationsstrategie brauchen! Dafür setze ich mich gemeinsam mit vielen weiteren europäischen Automobilregionen lautstark und mit Nachdruck in Brüssel ein.“

Am Eröffnungsabend wird außerdem Dr. Joachim Lamla, Mitglied der Geschäftsführung der Porsche Consulting GmbH, die Keynote zum Thema „Die Automobilindustrie auf dem Weg in die Zukunft: Globale Transformation – lokale Chancen“ sprechen. Zudem erfolgt zum dritten Mal die Verleihung des August-Horch-Ehrenpreises. Mit einem amerikanisch-deutschen Netzwerktreffen klingt der Abend aus, bevor das Forum unter dem Motto „Branche mit Zukunft“ am 8. November mit dem Fachkongress im Bürgersaal des Zwickauer Rathauses fortgesetzt wird.

Veranstalter sind die Industrie- und Handelskammer Chemnitz und das Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen (AMZ).

Weitere Informationen zum Automotive Forum Zwickau hier.

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